Der abgerissene Strick
kann wieder geknotet werden
er hält wieder, aber
er ist zerrissen.
Vielleicht begegnen
wir uns wieder,
aber da,
wo du mich verlassen hast
triffst du mich
nicht wieder.
kann wieder geknotet werden
er hält wieder, aber
er ist zerrissen.
Vielleicht begegnen
wir uns wieder,
aber da,
wo du mich verlassen hast
triffst du mich
nicht wieder.
Bertolt Brecht
LiebesleidenschaftEin Mann hat immer Angst vor einer Frau, die ihn zu sehr liebt. (Polly)Die Dreigroschenoper / B. Brecht
Kann man "zu sehr" lieben? Liebe ist absolut – entweder vorhanden – oder nicht … schließt vieles ein – und vieles aus ….
Ich glaube schon, dass man/frau auch zu sehr lieben können. Das kann dann u.U. pathologisch werden. Wenn, wie Du schreibst, Liebe "absolut" wäre, dann dürftest Du auch nicht das Ein- und Ausschließen relativieren, indem Du "vieles" schreibst. Die absolute Liebe müsste dann, meiner Meinung nach, grundsätzlich a l l e s in sich einschließen und bei beiden Partnern gleichstark ausgeprägt sein, wenn nicht einer von ihnen zwangsläufig zum Verlierer werden will.
Du nennst das Wesentliche: "bei beiden Partnern gleich …" – das ist einer der Schlüssel zum Glück!
Ja, Monika, das wäre wirklich d e r Schlüssel zum vollkommenen (Traum-)Glück. Aber ist eine solche 100prozentige Übereinstimmung in der Realität wirklich möglich bzw. wünschenswert? Es gibt doch noch diese wirklich nicht von der Hand zu weisende Regel: "Gegensätze ziehen sich an …" . Und wünscht man/frau sich nicht einen individuellen Menschen als Partner, bei dem es noch viel Neues zu entdecken gibt?
Die "Gleichheit" bezog sich auf das Maß der Liebe – sofern man so etwas messen kann … Das hat mit der Vielfalt der Nuancen, die zu entdecken sind im Gegenüber nichts zu tun! Da gibt es keinen Stärkeren – da sind beide unendlich reich geworden … und stark. Doch wie gering ist die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Partner zu treffen im Leben. Und wie groß ist das Glück dann!
Um zum Ausgangspunkt, dem alten Strick, zurückzukehren, hier ein Gedicht von meinem verehrten RINGELNATZ:
Manila*
Als ein altes Tau durch derbe,
Doch verständniswarme Hände glitt,
Sagte eine Stimme: »Bob, ich sterbe,
Ehe Land in Sicht. Und du stirbst mit.«
Noch bevor die Stimme Antwort kriegte,
Kämpften sie: Vollschiff gegen Orkan.
Hatten oft gekämpft, bis eines siegte.
Und das andre war dann abgetan.
Nur ein Treibstück wurde aufgefunden.
Daran hingen kalt, ersoffen, blau
Zwei alte Matrosen, angebunden
Mit einem alten Tau.
[Ringelnatz: Flugzeuggedanken. Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk, S. 767
Interessant, wie unterschiedlich Assoziationen zu ein und demselben Punkt sein können! Meine war eher die des zerbrochenen Kruges …